Silvie Aigner

Malerische Notizen aus der Realität

Richard Kaplenig arbeitet zumeist in großen Formaten, die er oft als Kombination aus zwei oder drei korrespondierenden Leinwänden präsentiert. Daneben entstehen kleinformatigere Bilder, die sich auf seinen persönlichen Tagesablauf beziehen und zuweilen einen Zeitraum umschreiben, in denen sich der Künstler auf Symposien oder auf Reisen befand. Stets im selben Format und nahezu in derselben Technik. Allein nicht zu überlegen, welche äußere Form die Komposition verlangt sowie mit jenen Farben und Materialien zu arbeiten, die einem an diesem Ort und zu dieser Zeit zur Verfügung stehen, bewirkt eine Verinnerlichung und Konzentration auf einzelne Wahrnehmungen des Alltags. In diesen Serien entwickelt Kaplenig eine eigene Formensprache, die Symbole, Zeichen und Schrift in seine Bilder integriert. Sie spielen mit dem Phänomen Zeit, und mit der Flüchtigkeit eines kurzen Augenblickes, der für einen Moment ins Bewusstsein dringt und von allen anderen möglichen Wahrnehmungen herausgehoben wird. Banale Alltäglichkeiten scheint es, jedoch zeigen sie auch die sensible Wahrnehmung Kaplenigs für das, was das Leben der jeweiligen Umgebung prägt, in der er sich aufhält. In großer Unmittelbarkeit und spontan, wie es sonst nur dem Medium der Zeichnung eigen ist, setzt Richard Kaplenig seine Malerei auf die Leinwand. Die Versprachlichung des Bildes ist zuweilen voll Ironie und Humor, wie die Kombination der Zahlenreihe seiner Sozialversicherungsnummer mit der Darstellung eines Klettersteiges. Dieses Spiel mit der Bedeutung von Worten und Zahlen bestimmt auch seine großformatigen Tafelbilder, wenn er z.B. über die übermalte Fotografie einer Wiese, die sich vor dem Kärntner Atelier befindet, um jedes Missverständnis auszuschließen, in Großbuchstaben WIESE schreibt, oder mit den Buchstaben seines Namens, bzw. mit den Zahlen seines Geburtsdatums arbeitet - doch geht es im nicht so sehr darum diese Inhalte gleich einer Tagebucheintragung lesbar zu machen, vielmehr wird die reduzierte Essenz narrativer Motive in die Sprache des Bildes übersetzt - die Auseinandersetzung mit dem Medium Malerei hat eindeutig Priorität. Der Bezug zur Realität steht für eine spontane Stimulanz, die überwiegende Einfachheit der Motive entspricht den schlichten Tatbeständen des Lebens, die er in seine Bilder übersetzt. Die Frage ob das Motiv und die Malerei gleichwertig sind, stellt sich angesichts des malerischen Duktus seiner Bilder kaum. Doch braucht die Bildkomposition im Entstehungsprozess zuweilen das Motiv oder das Versatzstück der Realität und sei es in Form eines Eisenbleches, das in das Bild eingearbeitet wird als fixer Bezugspunkt innerhalb eines überwiegend malerischen Farbauftrages. Zumeist rücken seine Motive ohnehin in den Bildgrund und treten nur noch bruchstückhaft auf und verweigern sich einem direkten, illustrativen Zugriff durch den Betrachter. So formulieren sich Kaplenigs Bilder im Wechselspiel zwischen autonomer reiner Malerei und Stimulierung durch das Motiv ebenso wie durch den daraus resultierenden Gegensatz der graphischen und malerischen Formen. Die komplexe und dichte Oberfläche seiner Bilder erreicht Kaplenig durch eine gekonnte Verbindung von Zeichnung, Collage, Malerei und Fotografie. Freie Geste, linearer Duktus stehen in einem Rhythmus zu monochromen aus vielen opaken Schichten bestehenden Farbflächen. In einigen Bildern sind diese zunehmend konstruktiv und minimalistisch was den Kontrast zur graphischen Zeichnung im Bild noch verstärkt. Silvie Aigner 2006

Das Spiel mit dem eigenen Ich

Die Selbstbezüglichkeit seiner Bilder ist nicht auf den ersten Blick fassbar. Die Bilder sind zuweilen geradezu hermetisch und ein reines Spiel mit der graphischen Ästhetik von Sprache und Text im Medium der Malerei. Die Buchstaben seines Namens, ebenso wie sein Geburtsdatum kommen in den Bildern fragmentiert oder in eine anderen Reihenfolge vor und zuweilen auch in einer ironischen Mehrdeutigkeit der Begrifflichkeiten wie zwischen Richard und Rich. Vielfach erscheinen sie wie eine Selbstversicherung der eigenen Person in ihrem künstlerischen Dasein zu sein, in einer Resonanz zur äußeren Welt. Diese bietet oft die Möglichkeit eines sachlichen Einstiegs auf einer rein formalen Ebene, um dann in den malerischen Schaffensprozess eintauchen zu können. Dieser besteht aus einer Gratwanderung zwischen Emotionalität und Distanz zur eigenen Befindlichkeit und verliert alsbald den Bezug zum ursprünglichen Motiv aus der Welt vor der Ateliertür. So wird einmal mehr die autonome Form seiner Malerei über den Inhalt hinaus ins Gespräch gebracht. Silvie Aigner, 2006